Gedanken zwischen Himmel und Erde 2025

Geistliche Impulse

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus. In seiner großen Barmherzigkeit hat er uns neu geboren. Denn er hat uns eine lebendige Hoffnung geschenkt, weil Jesus Christus von den Toten auferstanden ist.“ (Die Bibel, 1. Petrus 1, 3)

Impuls Mai 2025

Vor wenigen Wochen war Ostern. Wieder war es für mich ein Erlebnis, die leuchtenden, fröhlichen Kindergesichter zu sehen als die Ostereier im Garten gefunden wurden. Ausgelassene Freude bei Klein und Groß. Osterfreude pur. Schon in den Tagen vor Ostern herrschte bei meinen Kindern große Vorfreude. Nun ist Ostern vorbei, aber worüber freuen Sie sich? Worüber können Sie ausgelassen jubeln? An Ostern feiern wir die Auferstehung und in dieser nachösterlichen Zeit bis Pfingsten sind die Sonntage im Gottesdienst auch davon besonders geprägt. Wir feiern den lebendigen Gott, ihm jubeln wir für das zu, was er getan hat. Jubeln kann man nur, wenn man sich über etwas freut. Weshalb sollten wir Gott zujubeln? „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus. In seiner großen Barmherzigkeit hat er uns neu geboren. Denn er hat uns eine lebendige Hoffnung geschenkt, weil Jesus Christus von den Toten auferstanden ist.“ (Die Bibel, 1. Petrus 1, 3). Wir können jubeln, weil Ostern uns echte Gewissheit schenkt. Es geht um die Hoffnung, die wir durch Kreuz und Auferstehung Jesu haben. Diese Hoffnung ist eine feste Gewissheit. Diese Freude, ob mitten im Leid oder mitten in der Normalität unseres Alltages kann uns niemand nehmen. Es ist die Freude, die von innen kommt. Freude, weil wir von Jesus geliebt und getragen sind. Freude, weil wir sicher sind, dass Jesus für jeden für uns gestorben ist. Freude, weil Jesus lebt. Darüber dürfen wir wirklich jubeln und leuchtende, fröhliche Augen bekommen, egal, wie alt wir sind. Es ist uns vielleicht auch gerade gar nicht nach Freude, weil uns zu viel beschwert. Sorgen, die uns niederdrücken oder auch weil wir ängstlich in die Zukunft sehen. Kann uns da nicht dieser Vers eine Gewissheit und Hoffnung schenken, die es wieder möglich macht, Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Eine Hoffnung, die uns durch manch tiefes dunkles Tal trägt?

Der erste Petrusbrief richtet sich an Christinnen und Christen, die in römischen Provinzen in Kleinasien, der heutigen Türkei leben. Diese Christinnen und Christen erleben, wie sie wegen ihres Glaubens ausgegrenzt und verfolgt werden. Die Menschen um sie herum, wollen mit ihnen nichts mehr zu tun haben. Die Behörden verfolgen sie. Die Christinnen und Christen, die um das Jahr 90 nach Christus leben, durchleben schwere Zeiten. Zeiten, die an die Substanz gehen. Zeiten, die einen auch an den Rand alle Kräfte und des Glaubens bringen können. An diese Christen in ihrer herausgeforderten Situation richtet sich der erste Petrusbrief. Was würden wir Menschen schreiben, die solch schwere Situationen durchleben? Petrus beginnt, wie damals üblich mit einer Lobpreisformel. Aber er geht noch weit darüber hinaus und legt dar, was der Grund all unserer Hoffnung und unserer Freude ist. Es geht ihm nicht um ein billiges Vertrösten, sondern um die Vergewisserung der Menschen: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus. In seiner großen Barmherzigkeit hat er uns neu geboren. Denn er hat uns eine lebendige Hoffnung geschenkt, weil Jesus Christus von den Toten auferstanden ist.“ Vielleicht verlieren wir diese Hoffnung angesichts mancher Ereignisse aus dem Blick. Wir müssen an diese Hoffnung erinnert werden. Diese Hoffnung lenkt unseren Blick weg von allem, was uns Angst macht. Was uns Sorgen bereitet. Was uns in unserem Alltag niederdrückt. Diese Hoffnung lenkt unseren Blick auf die Ewigkeit als Kinder Gottes. Als Erben, die Gott eingesetzt hat. Diese Hoffnung verändert.

Vielleicht geht es uns auch so wie in folgender Begebenheit: Bei einer Frau wird Krebs festgestellt und sie hat nur noch kurze Zeit zu leben. Ihr Arzt rät ihr, sich in der verbleibenden Zeit auf das Sterben vorzubereiten. So wendet sich die Frau an ihren Pfarrer und spricht mit ihm über die Beerdigung. Als das Gespräch eigentlich schon fast beendet war, sagte die Frau zu dem Pfarrer. „Noch eine Sache. Sie ist mir sehr wichtig. Ich möchte mit einer Gabel in meiner rechten Hand beerdigt werden.“ Der Pfarrer wusste nicht, was er sagen sollte. Noch nie hatte jemand einen so seltsamen Wunsch geäußert. Da erklärte ihm die Frau: „Bei all unseren Feiern in der Gemeinde, sei es bei unseren Gemeindeessen oder bei einem gemeinsamen Beisammensein im Hauskreis, war es meine größte Freude, wenn beim Abtragen der Teller gesagt wurde: ›Du kannst deine Gabel behalten.‹ Ich habe diese Worte geliebt, denn dann habe ich gewusst, dass noch etwas Besseres kommt.“

Jesus schenkt uns ein Leben mit ihm in Ewigkeit. Das ist die Perspektive unseres Lebens, die weit über unseren Alltag hinausgeht. Mit dieser Perspektive kann ich gut leben und sie hilft mir, manches, was ich jetzt erlebe anders einzuordnen. Da darf unser Herz auch vor Freude springen und hüpfen. Jesus lebt und durch seine Auferstehung wissen wir, dass was noch Besseres kommt. Deshalb können wir Gott zujubeln und auch leuchtende, fröhliche Augen haben, wie eben Kinder bei der Ostereiersuche.


Pfarrer Dr. Friedemann Kuttler

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Österlicher Widerstand - Schöne Tage, Schwere Botschaften

Impuls April 2025

In diesen schönen Frühlingstagen leisten (mit Erfolg) Vogelgezwitscher, Blütendüfte und warmen Sonnenstrahlen Widerstand gegen den Winter.  Ein Sinnesschmaus erfreut uns täglich und stärkt dabei die Lebenskraft. Zur Krönung des Frühjahrserwachens gehört das Osterfest. Frühling und Ostern. Sie passen bestens zueinander - oder, besser gesagt, sie würden bestens zu einander passen, wenn es nur nicht die Passionszeit davor gäbe.

Zum Christentum gehört neben dem Feiern von Ostern auch das Begehen der Passionstage. So schwer und unschön das Bedenken der letzten leidensvollen Tage Christi ist, umso wichtiger ist diese Botschaft für unsere Glaubenstradition. Denn ohne die Wahrnehmung der dunklen Seiten der menschlichen Existenzen und der Mangelhaftigkeiten des gesellschaftlichen Miteinanders, wäre das Christentum nichts anderes als eine Wohlfühlreligion oder ein ethischer Wegweiser.

Die dramatischen Geschichten der Karwoche (die Woche vor dem Osterfesnach dem althochdeutschen Wort „chara“ = Klage, Trauer) erzählen von den dunkelsten Tiefen des menschlichen Handelns. Von der persönlichen Ebene des Einzelnen bis zu dem höchsten Niveau der politischen und religiösen Institutionen werden Unzulänglichkeiten, Verfehlungen und glattes Versagen aufgezeigt. In diesen Geschichten sehen wir unverschont wozu wir Menschen fähig sind. Wir sehen aber auch wozu Gott fähig ist. Wir sehen in Jesus Christus einen Gott, der mit uns Menschen leiden kann und dazu auch bereit ist. Uns zu Gute.

Bis zum Tod leidet Jesus und durch den Tod hindurch kämpft er. Ob wortwörtlich oder eher metaphysisch zu verstehen, diese Geschichte befestigt das Christentum als eine Religion des Widerstands. Widerstand gegen alles, was tödlich und zerstörerisch ist. Widerstand gegen alles, was ein Menschenleben mindern oder abwerten will. Widerstand gegen alles, was das gemeinsame Leben auf dieser Erde zerstören kann. Widerstand gegen alles, was uns Menschen von unserem Schöpfer trennt.

In diesen schönen Frühlingstagen flattern Tag für Tag schwere Botschaften ins Haus. Zölle, drohende Handelskriege, militärische Aufrüstung und wachsende Zustimmung für populistische Politiker*innen. Dass aus der damalige Karwoche so etwas wie ein gegenwärtiges „Karjahr“ werden könnte, ist zu befürchten.

Und doch, Gott sei Dank, sind wir nicht ganz den schlechten Nachrichten ausgeliefert. Wir haben die Tradition des österlichen Widerstands. Dass dieser Widerstand auf vielfältige Art und Weise geleistet werden kann schreibt die Autorin Loryn Brantz:

„In Zeiten von Hass

ist Liebe ein Akt des Widerstands.

In Zeiten von Furcht

ist Glaube ein Akt des Widerstands.

In Zeiten von Fehlinformation

ist Bildung ein Akt des Widerstands.

In Zeiten von schlechter Führung

ist Gemeinschaft ein Akt des Widerstands.

In Zeiten wie diesen

ist Freude ein Akt des Widerstands.

Lass uns widerstehen.“

Allen ein frohes, widerstands-starkes Ostern in diesen schönen Tagen mit schweren Botschaften!

Wer mit anderen an dem Gedicht von Loryn Brantz weiterschreiben will, kann das tun auf der Website,
dort gibt es viele Impulse zum Widerstand:  https://www.da-zwischen.community/widerstand-fuer-die-hoffnung/


Pfarrerin Nancy Bullard- Werner

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"Ist für uns Christen nicht das ganze Jahr über Ostern?"

Impuls März 2025


Liebe Leserinnen und lieber Leser,

mit dem Aschermittwoch am 05. März beginnt die diesjährige Fastenzeit. Die Zeit, in der Jesus Christus sich und seine Jünger auf das vorbereitet, was sie aber vor allem ihn an Ostern erwartet. Zugegeben, kalendarisch ist Ostern erst in rund sieben Wochen, aber ist für uns Christen nicht das ganze Jahr über Ostern und wir können nicht schweigen von der Auferstehungsfreude die in uns steckt?

Im Johannesevangelium heißt es in Kapitel 11, Vers 25-27: „Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? Sie spricht zu ihm: Ja, Herr ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt.“

In diesen wenigen Versen steckt viel über das Wesen Jesu, über den Trost, den nur er geben kann, und über seine Beziehung zu uns Menschen. Diese wenigen Verse bringen das Thema des Glaubens an ihn und seiner Freundschaft zu uns auf den Punkt. Es geht Jesus um das Hier und Jetzt und um die Gemeinschaft mit ihm in der Ewigkeit, die nur er uns schenken kann.

Das ist ein bleibender Grund zur Freude, eine bleibende Auferstehungsfreude, die nicht nur in der Osterzeit gilt.

Marta, die Schwester des Lazarus, den Jesus kurz nach dem eben geschilderten Wortwechsel auferweckt, hat ein tiefes und festes Vertrauen zu Jesus, ihrem Herrn und Meister. Sie weiß genau, dass Gott alles tun wird, worum sein Sohn Jesus ihn bittet! Sie trägt eine innere Gewissheit in sich, dass sie Jesus in jeder Lebenslage voll und ganz vertrauen und sich auf ihn verlassen kann.

Traut sie ihm auch zu, dass er ihren Bruder aus dem Grab auferwecken kann - obwohl er vier Tage tot ist und schon stinkt? Werfen Sie gerne einen Blick in das 11. Kapitel des Johannesevangeliums um zu erfahren wie die Geschichte weiterging.

Schauen wir ein wenig weg von dieser Geschichte in Bethanien, dem Dorf, in dem einst Maria, Marta und Lazarus lebten - und hin auf unser eigenes Leben, auf unsere eigene Beziehung zu Christus im Hier und Jetzt.

Was sind meine tiefsten Anliegen, die ich heute habe und vor Jesus bringen möchte? Wo erwarte ich von Christus konkrete Hilfe und Unterstützung für mein Leben? Habe auch ich die tiefe innere Gewissheit, dass ich Jesus in jeder Lebenslage voll und ganz vertrauen und auf ihn bauen kann?

Sagt nicht Jesus: „Ich bin die Auferstehung und das Leben!“ Dann dürfen auch wir heute gewiss sein: Die Auferstehung beginnt mit Christus schon heute, im Hier und Jetzt - nicht erst nach dem irdischen Tod, nicht erst irgendwann.

Diese Auferstehungsgewissheit und das klare Ja Jesu zu meinem Leben darf mir schon heute zuteilwerden und mein tägliches Leben stärken.

Wenn wir uns die drei Verse aus dem Johannesevangelium genauer anschauen, stellen wir fest, dass Marta ein klar formuliertes Glaubensbekenntnis ausspricht.

Sie sagt zu Jesus: „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.“

„Ja, Herr, ich glaube...“ Wie sieht mein persönliches Bekenntnis zu Christus aus? Was kann oder will ich ihm heute sagen? Wann und wo komme ich mit anderen Menschen über dieses Bekenntnis ins Gespräch und bekenne öffentlich meinen Glauben an Christus?

Nur 47 % der Bundesbürger bringen die Auferstehung Jesus in Verbindung mit Ostern. Ich lade Sie demnach ein, die Frohe Botschaft von der Auferstehung nicht für sich zu behalten, sondern sie in die Welt hinauszutragen, damit für ganz viele Menschen zu jeder Zeit ihres Lebens Ostern ist.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Merz,
Diakon im PED (Pfarramtliche Dienste, Ethik und Diakonisches Profil)

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"Eine Bitte noch, Herr Präsident…"

Impuls Februar 2025

„Lassen Sie mich, Herr, Präsident, eine letzte Bitte äußern“

Mit diesen Worten gewann am 21. Januar 2025 Bischöfin Mariann Edgar Budde die ungeteilte Aufmerksamkeit des neu im Amt eingesetzten US-amerikanischen Präsidenten. Mit diesen Worten gewann sie ebenfalls die Aufmerksamkeit von Christinnen und Christen überall auf der Welt.  Mit diesen Worten brachte Bischöfin Budde in ihrer Predigt anlässlich der Amtseinsetzung des Präsidenten, eine Bitte vor. Eine Bitte um Barmherzigkeit für Menschen, die in den USA Angst haben. Angst vor Diskriminierung. Angst vor Deportation.

Selten haben „Geistliche“ die Gelegenheit, auf Augenhöhe vor den Mächtigsten dieser Welt zu stehen und aus ihren Herzen und ihrer Glaubenstradition heraus ihnen ins Gewissen zu reden. Möglicherweise weil die Bitte der Bischöfin den neuen Präsidenten nicht besonders begeistert hat, begeisterten ihre Worte viele gläubige Menschen um die Welt. Ihre geistreichen Gedanken erinnerten Menschen aller Glaubenstraditionen, dass neben dem Glauben an Gott, die Achtung und Fürsorge für unsere Mitmenschen von zentraler Bedeutung ist.

„Ich bitte Sie, Herr Präsident, Barmherzigkeit zu verüben“.  So erinnerte Bischöfin Budde den Präsidenten und alle weiteren Anwesenden an einen Grundgedanken der Bibel. Nämlich, dass Gottes Freundlichkeit uns Menschen gegenüber richtungsweisend für unser Handeln an unseren Nächsten ist. Weil Gott uns achtet und annimmt, haben wir den Auftrag und die Befähigung unsere Mitmenschen ebenso zu achten und anzunehmen. „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat“, schreibt der Apostel Paulus an die christliche Gemeinde in Rom (Röm 15,7).

Doch um Beliebigkeit und Naivität zu vermeiden, schrieb Paulus auch „Prüft aber alles und das Gute behaltet“ (die Jahreslosung für 2025).  Zwischen der Amtseinsetzung im Januar in den USA und der Wahl eines Kanzlers hier in Deutschland Ende Februar, ist es eine kluge Sache, diesen Spruch um die Prüfung aller Dinge, im Herzen und im Kopf zu behalten. Prüfet alles und behalte das Gute. Behalte das, was barmherzig ist. Behalte das, was den Menschen dient und das Zusammenleben in der Gesellschaft fördert.

Darauf hat Bischöfin Budde abgezielt. Auf ein Staatsoberhaupt, das die Würde und die Sicherheit der Menschen in seinem Land – und darüber hinaus – schützt.  In den Turbulenzen unserer Zeit brauchen wir solche prophetischen Worte. Worte und Gedanken, die wie ein Kompass wirken und uns an das Wesentliche in unserem Zusammenleben erinnern.

Eine Mariann Edgar Budde kann nicht jeder von uns sein. Aber dort, wo wir leben und handeln und wirken, können wir versuchen mutig zu sein und dafür einzustehen, wenn Barmherzigkeit, Mitleid und Menschenfreundlichkeit gebraucht werden. Es muss nicht ein mächtiger Präsident sein, der uns dazu bewegt. Eine Bewohnerin, ein Klient, eine Kollegin, ein Freund, ein Fremder auf der Straße, oder auch sich selbst gegenüber würde reichen.

Gottes lebensliebender Geist möge uns die Kraft und Mut dazu geben.


Pfarrerin Nancy Bullard-Werner

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„Prüft aber alles, und das Gute behaltet.“ (1. Thess 5, 21)

Impuls Januar 2025

„Kann ich das glauben? Ist das wahr?“ In Zeiten von Fake-News und ChatGPT ist es ziemlich schwer zu beurteilen, was wahr ist und was ich glauben kann. Nicht alles kann ich immer nachprüfen, was mir so erzählt wird. Auf der anderen Seite prüfe ich dann wieder manches sehr genau. Wenn ich ein gebrauchtes Auto kaufe, dann prüfe ich sehr genau, was mir der Verkäufer da verkaufen will. Ich will ja schließlich keinen Schrott kaufen. Für manche ist das Prüfen von Zahlen, Rechnungen, technischen Geräten Tagesgeschäft. Fehler und Schäden werden entdeckt und behoben. Wenn ich so darüber nachdenke, dann merke ich, dass ich nicht immer alles so prüfen kann, sondern mich auch auf andere einfach verlasse. Ich muss mich darauf verlassen, dass es andere gutmachen und gut geprüft haben.

Über dem Jahr 2025 steht die Jahreslosung aus dem ersten Brief des Paulus an die Thessalonicher (1. Thess 5, 21): „Prüft aber alles, und das Gute behaltet.“ Der Apostel Paulus schreibt diesen Satz die Gemeinde in Thessaloniki. Ich finde das bemerkenswert, dass der Apostel Paulus, der eine wirklich geistliche Autorität war, dies so sagt. Es hätte mich auch nicht verwundert, wenn er gesagt hätte, dass die Thessalonicher ihm alles glauben können. Aber er fordert sie stattdessen auf zu prüfen. Meinen Konfirmandinnen und Konfirmanden habe ich auch immer gesagt: „Ihr dürft alles anzweifeln, was ich sage.“ Mit großen Augen haben sie mich dann immer angeschaut. Es geht gerade im Glauben an Jesus Christus darum, dass wir selber wissen, warum wir glauben. Es geht nicht darum, anderen etwas nachzuplappern, sondern dass wir selber zu einer tiefen Überzeugung kommen. Dem Geprüften und für Gut befundenem einen Platz in meinem Herzen einräumen. „Prüft aber alles, und das Gute behaltet.“

In der Bibel wird von Menschen berichtet, die ihren Glauben an Gott leben. Menschen, die im Glauben scheitern. Menschen, die zweifeln. Menschen, die mit Gott hadern. Menschen, die voller Vertrauen auf Gott alles Stehen und Liegen lassen, um Gottes Ruf zu folgen. Es sind Menschen, die Gott auch prüfen, ob er wirklich hält, was er verspricht. Das gibt mir Mut, auch meinen Glauben immer wieder zu hinterfragen. Wenn ich in dann meinen Fragen oder Zweifeln auf den Grund gehe, um sie zu prüfen, dann merke ich, wie mein Glaube wächst. Wie das Glaubensfundament stabiler und fester wird. Ich finde es genial, dass Gott sich von uns auch prüfen lässt. Im Gegensatz zu uns Menschen hat Gott keine Angst vor Prüfungen. Manche dieser Prüfungen zeigt sich dann mitten im Leben. „Prüft aber alles, und das Gute behaltet.“

Das griechische Wort für „prüfen“ bedeutet auch bewähren. Das fällt vielleicht manchmal leichter. Wenn wir in unserem Leben zurückblicken, was sich bewährt hat, dann wird das für uns zur Überzeugung. An dieser Überzeugung halten wir fest, darauf bauen wir. Paulus geht es darum, dass wir ein festes Lebensfundament haben. Es geht darum, dass wir – auch wenn es anstrengend und herausfordernd ist – zu Überzeugungen kommen, die wahr sind. Überzeugungen, die wir glauben können. Manchmal ist es auch gut, das eigene Leben und Verhalten zu prüfen. Entsprechen mein Leben und mein Verhalten noch meinen Idealen, wie ich leben will? Als Christen fragen wir, ob mein Leben und Verhalten dem entspricht, was Gott will? Vielleicht ist es dann auch mal dran, dass wir unser Leben entrümpeln. Entrümpeln, damit das Gute wieder sichtbar wird. Das wäre auch ein guter Vorsatz für das neue Jahr. „Prüft aber alles, und das Gute behaltet.“


Pfarrer Dr. Friedemann Kuttler

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