Auch wenn die kleine Nudelwerkstatt eigentlich nicht auf Werbung angewiesen ist. Das Geschäft boomt. Seit die Papiertüten-Verpackungen mit bunt gestaltetem THEO-Nudeln-Etikett umgestaltet wurden, sogar noch mehr. Das „Nudelteam“ der Berufsschulstufe und die beiden Lehrkräfte Philip Jähne sowie Petra Eppler haben alle Hände voll zu tun, um die Nachfrage bedienen zu können. „Wir wissen daher auch noch gar nicht, ob wir beim diesjährigen Adventsmarkt der Diakonie Stetten Nudeln verkaufen werden oder nicht“, sagt Philip Jähne. Die Qualität der Sattmacher in fünf verschiedenen Sorten mit frischen und hochwertigen Zutaten aus der Region hat sich inzwischen eben herumgesprochen, nachdem die Nudelproduktion vor elf Jahren ganz zart mit einer kleinen Nudelmaschine begonnen hatte und seither immer mehr ausgebaut und optimiert wurde.

Wie an jedem Mittwoch hat auch an diesem Morgen jede der fünf anwesenden Schülerinnen mit Behinderung (eine fehlt krankheitsbedingt) ihren festen Platz, die verschiedenen Arbeitsschritte vom Eier aufschlagen bis zur Verpackung bekleben sind schon überraschend gut eingespielt. Das begeistert nicht nur Philip Jähne: “Die Arbeitsabläufe sind schon richtig gut strukturiert, obwohl diese Schülerinnen erst seit Schuljahresbeginn, also etwa fünf Wochen, mitarbeiten“. So können die Lehrkräfte sich aus der anfänglichen Funktion „tatkräftiges Mithelfen“ nach und nach etwas zurückziehen in die passivere Position des Begleitens und bei Bedarf Unterstützens. Also genau so wie es sein soll und wie eine optimale Vorbereitung auf den Berufsalltag aussehen soll.

Die Tatsache, dass dies so gut funktioniert, freut auch den Schulleiter, der an diesem Mittwochmorgen ebenfalls in der kleinen Fabrik auf dem Schulgelände vorbeischaut. „Das ist eine tolle Sache, lebenspraktischer als hier geht es eigentlich gar nicht“, sagt Ralph Dieterich. Ihm schmecken zum einen die Nudeln so gut – vor allem die mit feiner Chilinote - dass er sie an Weihnachten regelmäßig an Freunde verschenkt. Darüber hinaus ist er natürlich auch stolz, „dass sie von den eigenen Schülerinnen und Schülern gemacht werden“. Und die sind sichtlich mit Freude bei der Sache. Charlien, Ilayda, Julia, Margaret und Saskia betonen alle, dass es ihnen viel Spaß macht - auch wenn es richtige Arbeit ist, die Konzentration und Ausdauer von 8.15 Uhr bis 12.15 Uhr erfordert.

Die 17-jährige Julia hat zum Beispiel morgens schon alleine 120 Eier aufgeschlagen, bevor sie sich danach an das Bekleben der Tüten gemacht hat. Saskia dagegen steht an der Waage und wiegt die 500 g-Portionen akkurat ab, bevor Ilayda die Portionen mit Hilfe einer Schüttschaufel in die Tüten füllt, Charlien und Margaret sitzen auf der anderen Seite des Raumes an den beiden Nudelmaschinen. So hat jede der jungen Damen zwischen 17 und 20 Jahren eine bzw. mehrere feste Aufgaben, die alle mit Sorgfalt und gewissenhaft ausgeführt werden. „Nach den vier Stunden reicht es dann aber auch“, stellt Philip Jähne fest. Daher findet Mittwochs - im Gegensatz zu drei anderen Werktagen - anschließend keine Mittagsschule mehr statt. Auch in den anderen Arbeitsgruppen, die sich zum Beispiel um das Thema Weinbau oder der Landwirtschaft drehen, wird körperlich gearbeitet, so dass die Schülerinnen und Schüler ihren Praxistag schon um die Mittagszeit erschöpft, aber glücklich beenden können.

Da alle anfallenden Arbeitsabläufe gemeinsam mit den Jugendlichen erledigt werden – auch Aufgaben wie Rechnungen schreiben, Geld abheben etc. (hierfür wurde im Jahr 2014 extra ein Schulförderverein gegründet), werden alle Schülerinnen und Schüler der dreijährigen Berufsschulstufe optimal auf das Leben nach der Schulzeit vorbereitet. Und wie im richtigen Leben auch ist das Arbeiten in der Nudelfabrik kein reines Spaßprogramm oder nur zum Zeitvertreib. „Mit den Einnahmen können wir auch einen Beitrag leisten, um unser Schulleben zu unterstützen, zum Beispiel für gemeinsame Unternehmungen oder verschiedene Klassenprojekte.“ erklärt Philip Jähne. Auch das Weihnachtsessen, mit dem jedes Jahr im Dezember die Gemeinschaft auch außerhalb des Unterrichts gestärkt wird, gehört dazu. „Gibt es da dann die Muschelnudeln?“ fragt Saskia ihren Lehrer. Die kleinste der fünf Sorten sind nämlich die Lieblingsnudeln der 19-Jährigen. „Mal schauen“, antwortet der 42-Jährige, dem die Muscheln ebenfalls am besten schmecken. Da ist es doch ganz praktisch, dass der vermeintliche Bestseller mit der Sorte „Die Schmale“ eine andere Variante ist. Und dass Ralph Dieterich für seine rund 30 Weihnachts-Nudelgeschenke nicht ausgerechnet Muschelnudeln vorbestellt. So stehen die Chancen zumindest nicht schlecht, dass Saskias Wunsch für das Weihnachtsessen in Erfüllung geht.

Info:

Die „Theo-Nudeln“ der Schülerfirma TheDiFix in 500g-Packungen zu je 3 € können unter anderem im diakonie-eigenen „Lädle am Schloss“ in Stetten, beim Hofmarkt Felger in Endersbach sowie bei der Hegnacher Mühle gekauft werden.

TheDiFix - die Schülerfirma der Theodor-Dierlamm-Schule, die unter der Trägerschaft des Schulfördervereins der Schülerfirmen der Theodor-Dierlamm-Schule e. V. steht, bietet den Schülerinnen und Schülern der Berufsschulstufe realistische Lernfelder vom Geldabheben bis zum Kundenkontakt. Der Schulförderverein wurde 2014 insbesondere gegründet, um eine Rechtsform für die Schülerfirma zu schaffen. Sie ermöglicht es, ein eigenes Konto zu führen, so dass Schülerinnen und Schüler an allen anfallenden Prozessen vom Auftragseingang über die Produktion und die Auslieferung der Waren bis zur Verbuchung des Kaufpreises beteiligt sein können.

Die Theodor-Dierlamm-Schule ist ein staatlich anerkanntes sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung sowie körperliche und motorische Entwicklung (Bildungsgang Geistige Entwicklung) in freier Trägerschaft der Diakonie Stetten e.V.  Für das kommende Schuljahr gibt es noch freie Schulplätze. Eine Anmeldung ist jederzeit möglich.

Weitere Infos zum vielfältigen Schulleben der Theodor-Dierlamm-Schule und zur Arbeit der Schülerfirma TheDiFix gibt es unter  www.TDLS.info

Text: Michaela Bareis