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Tobii hilft Wünsche zu äußern - Ein neues digitales Hilfsmittel unterstützt eine junge Frau mit Behinderung dabei, sich mitzuteilen.

Kernen-Stetten, 6. Dezember 2021 – Mitteilen können, was man sich wünscht, ob man Hunger hat oder Durst – für Lena H.* ist das nicht selbstverständlich. Aufgrund einer Behinderung kann sie nicht sprechen. Sie ist darauf angewiesen, dass Menschen in Ihrem Umfeld verstehen, was sie mit Blicken und Gesten sagen will. Seit einiger Zeit hilft ihr nun Tobii, ein Sprachcomputer.

Die junge Frau weiß, was sie will und ist sehr kontaktfreudig. Aber sie kann sich kaum mitteilen. Die 36-jährige ist seit ihrer Geburt schwerst-mehrfachbehindert. Wegen einer sogenannten Tetraspastik kann sie ihre Arme und Beine kaum kontrollieren. Sie kann nicht sprechen, die Worte und Sätze sind wie eingeschlossen. Mit Blicken, Gesten und Lauten kann sie sich verständlich machen, ist aber darauf angewiesen, dass ihr Umfeld auch versteht, was sie ausdrücken möchte. Für Menschen, die sie nicht so gut kennen ist es nicht immer leicht zu erraten, was sie meint. Der Sprachcomputer Tobii erleichtert ihr seit einiger Zeit die Verständigung mit Ihrer Umwelt und ermöglicht ihr so mehr Teilhabe.

„Lena hat ganz viel zu sagen, aber wir verstehen es nicht“ aus dieser Überzeugung entstand die Idee, einen Sprachcomputer anzuschaffen, berichtet Frauke Jessen-Narr von der Fachstelle Unterstützte Kommunikation vom Interdisziplinären Fachdienst FABIAN der Diakonie Stetten. Tobii ist ein mit einer speziellen Software ausgestatteter Tablet-PC, der mit den Augen oder per Hand gesteuert werden kann. Zur Auswahl stehen verschiedene Symbole, die individuell angepasst werden können. Jedes Symbol hat zusätzlich eine Bildunterschrift, damit eindeutig klar ist, was gemeint ist. Einige Symbole lösen sofort aus, dass Tobii etwas sagt: „ich will meine Ruhe haben‘ muss man schnell sagen können“ berichtet Frauke Jessen-Narr. Andere Symbole öffnen ein Untermenü, zum Beispiel kann Lena H. zunächst auswählen, dass sie etwas unternehmen möchte und im nächsten Schritt sagen, wozu sie Lust hat. Gerne geht sie zum Beispiel zum Einkaufen.

Was so leicht klingt erfordert jedoch viel Übung und qualifizierte Hilfestellung. Für die Steuerung per Hand braucht es Unterstützung, die Augensteuerung muss regelrecht trainiert werden. „Lena ist sehr motiviert und ehrgeizig und gibt nicht auf,“ berichtet Sozialpädagogin Kathrin Hermann, die in den Remstal Werkstätten der Diakonie Stetten mit der jungen Frau mit Tobii arbeitet. „wenn es nicht gleich klappt machen wir so lange weiter bis wir es hinkriegen und dann ist sie stolz und freut sich.“ Momentan üben die beiden 2-3 Mal pro Woche für jeweils 15 – 30 Minuten mit Tobii. „Ideal wäre es natürlich, wenn wir jeden Tag üben könnten“ findet Kathrin Hermann „Lena ist sehr kommunikationsfreudig und möchte sich mitteilen. Um sie dabei zu unterstützen, anderen von sich zu erzählen planen wir, den Sprachcomputer für Biographie-Arbeit zu nutzen.“ Ziel sei, dass auf dem Computer Fotos aus dem Leben der jungen Frau gespeichert werden und zu jedem Bild einen Text erarbeitet wird. Wenn sie dann in Zukunft eines der Fotos auswählt, spricht Tobii für sie den dazugehörigen Text. So könnte die junge Frau in Zukunft mit Tobiis Hilfe sogar aus ihrem Leben erzählen, hofft Kathrin Herrmann. Mit Tobii kann Lena H. zudem ihre Wünsche eindeutiger äußern. Sie ist weniger darauf angewiesen, dass ihr Umfeld sie gut kennt und ihre Körpersprache lesen kann. Das bedeutet ein Plus an Lebensqualität und durch die Möglichkeit sich mitzuteilen und mehr Wünsche zu äußern auch mehr Möglichkeiten zur Teilhabe.

In der Diakonie Stetten werden elektronische Kommunikationshilfen momentan erst vereinzelt genutzt. Sowohl Computer mit Symbolen als auch mit Tastaturen, die per Augensteuerung oder per Hand bedient werden können, sind im Einsatz. Allerdings nutze nur ein kleiner Teil derer, die davon profitieren könnten bislang solche Hilfsmittel, berichtet Frauke Jessen-Narr. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen der Fachstelle Unterstützte Kommunikation setzt sie sich dafür ein, die Möglichkeiten der Unterstützung durch elektronische Kommunikationshilfen bekannter zu machen. Denn digitale Medien sind ein ideales Mittel, um Menschen, die nicht selbst sprechen können bei der Kommunikation zu unterstützen, damit ihre Lebensqualität zu erhöhen und ihnen mehr Möglichkeiten zur Teilhabe zu geben. Auf die Möglichkeiten, die digitale Hilfsmittel für Menschen mit Behinderung bieten macht auch eine aktuelle Kampagne der Diakonie Stetten aufmerksam, an der Lena H. teilnimmt. (https://www.diakonie-stetten.de/lena.html )

* Name aus Datenschutzgründen gekürzt

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