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Mögliche Hilfe annehmen

Die „BEST-Qualifizierung“ der Remstal Werkstätten der Diakonie Stetten bereitet arbeitslose Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, die Arbeitslosengeld II erhalten, auf die Arbeit vor und bietet Hilfen zur Verbesserung der Lebenssituation. Sarah Keller* hat ein Jahr lang an mehreren Startklar-Kursen teilgenommen und macht zurzeit eine Ausbildung zur Servicehelferin im Alexander-Stift. Zudem wird sie von Sozialpädagogin Anne Wirkner bei Bedarf weiterhin begleitet. Die Startklar-Kurse werden vom Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert.

Sarah Keller hat halblange rot gefärbte Haare. Ihre Ohren schmücken Ohrringe, die Wimpern sind leicht getuscht und sie trägt einen figurbetonten grauen Pullover. Die 29-Jährige strotzt vor Lebensenergie, als sie von den vergangenen Monaten erzählt: „Ich habe im September 2018 zum ersten Mal am Startklarkurs teilgenommen. Damals war ich in einer sehr kritischen Phase. Mir war klar, wenn ich nichts mache, dann endet das nicht gut. In den kommenden Monaten war alles im Umbruch und ich bin froh, dass das mit der Transsexualität jetzt geklärt ist“. Seit 2018 unterzieht sie sich einer Hormonbehandlung und gehört nun laut Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart zum weiblichen Geschlecht.

Anne Wirkner ist beeindruckt von Sarah Kellers Entwicklung: „Als Sarah Keller im September 2018 im Startklar-Kurs begann, konnte sie keine Minute stillsitzen, hatte ein großes Mitteilungsbedürfnis und durch fehlende Konzentration und Ausdauer ergaben sich so einige Schwierigkeiten“. „Bei mir gab es zuhause viele Turbulenzen, auch aufgrund meiner Transsexualität. Meine Mutter musste jeden Tag mindestens eine Stunde Terror mit mir aushalten“, erzählt Sarah Keller. Die vergangenen Jahre waren für sie eine schlimme Zeit: „Ich habe schon im Kindergarten die Mädchen beneidet und wollte immer eines sein. Ich fühlte mich immer so leer und es hat etwas gefehlt. Letztendlich führte das zu allem möglichen, wie Stimmungsschwankungen, Selbsthass und Selbstverletzungen“. Nachdem Sarah Keller von zuhause auszog, wohnte sie im Berufsbildungswerk Waiblingen der Diakonie Stetten und machte dort eine Ausbildung zur Offset Druck Fachwerkerin. „Die vielfältigen Belastungen hatten Auswirkungen auf die gesundheitliche, berufliche und private Situation und letztendlich war Arbeitslosigkeit die Folge“, so Anne Wirkner. Der Einstieg in die Arbeit wurde immer schwerer.

„Ich habe nicht nur einen dreimonatigen Kurs belegt, sondern an drei Startklar-Kursen teilgenommen, weil es mir einfach geholfen hat“, erklärt Sarah Keller. Laut der Konzeption des Startklar-Kurses und nach Rücksprache mit dem Jobcenter ist dies möglich. Die Kurse berücksichtigen die individuellen Erfahrungen und die gesamte Lebenssituation, um Hilfestellungen zu geben und Lösungen zu erarbeiten. „Es geht darum mit den Herausforderungen des Lebens besser umzugehen und wirksame Selbsthilfestrategien zu entwickeln, eigene Ressourcen zu erkennen und nicht nur das Negative zu sehen“, betont Anne Wirkner. In den Startklar-Kursen lernte Sarah Keller sich zu bewerben und konnte ihren Lebenslauf aufbereiten. „Frau Keller hat das Hilfsangebot angenommen. Wir haben Stück für Stück kleine Ziele gesetzt, die auch erreichbar waren“. Gemeinsam überlegten sie, welches Arbeitsfeld interessant sein könnte. „Ich habe ein vierwöchiges Praktikum im Alexander-Stift absolviert und dann gemerkt, dass das was für mich ist“, sagt Sarah Keller. Später kamen wir dann auf die Ausbildung zur Servicehelferin in der Altenpflege. „Es war eine gute Kooperation mit dem Jobcenter Rems-Murr. Die Arbeitsvermittlerin unterstützte das Ausbildungsanliegen“, erzählt Anne Wirkner. Die Sozialpädagogin half der angehenden Auszubildenden bei den Formalitäten, wie z. B. beim Ausfüllen der zahlreichen Anträge und den Bewerbungsunterlagen. „Das war richtig viel Arbeit, bis wir die ganzen Unterlagen zusammen hatten“, so Sarah Keller. Die Arbeit im Seniorenwohnheim gefällt ihr: „Die Senioren dort wollen das Leben spüren, sie wollen jemanden der lacht und empathisch ist“, erzählt sie. Dabei ist ihr Menschlichkeit besonders wichtig, wobei sie nicht unbedingt jemand ist, „der die Menschen ständig in den Arm nimmt“. „Früher musste man bei Frau Keller öfter auf eine gewisse Distanz hinweisen, sie hatte kein richtiges Gefühl dafür, heute ist das anders“, weiß Anne Wirkner.

Sarah Keller ist eine der Teilnehmenden des Startklar-Kurses, die von Anne Wirkner auch nach Beendigung des Kurses weiterhin betreut werden. Sarah Keller kann jederzeit auf sie zukommen, wenn sie Unterstützung benötigt oder von ihren Erfahrungen während der Ausbildung berichten möchte. Wenn sie sich mal länger nicht meldet, dann kann es auch sein, dass Anne Wirkner nachhakt, ob alles in Ordnung ist. „Frau Kellers Lebensweg zeigt, dass es möglich ist wieder neuen Lebensmut zu schöpfen und einen neuen Weg einzuschlagen. Positive psychische Veränderungen geschehen nicht von heute auf morgen und Frau Keller hat gelernt wie wichtig es ist die Bemühungen weiter fortzusetzen.“

*Name von der Redaktion geändert

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Sozialpädagogin Anne Wirkner im Gespräch mit Sarah Keller.
Sozialpädagogin Anne Wirkner im Gespräch mit Sarah Keller.