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Auch an dunkelste Zeit erinnern - Diakonie Stetten gedenkt in Grafeneck der Opfer des Nationalsozialismus

Grafeneck/Kernen-Stetten, 27. Januar 2024 – Insgesamt 395 Menschen mit Behinderung wurden während der NS-Zeit mit den sogenannten „grauen Bussen“ aus der damaligen Anstalt Stetten abgeholt und in den Tötungsanstalten Grafeneck und Hadamar ermordet. Der Vorstand der Diakonie Stetten legte am vergangenen Samstag anlässlich des Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus und im Rahmen des 175-jährigen Jubiläums der Diakonie Stetten einen Gedenkstein in Grafeneck nieder und erinnerte der durch die Nationalsozialisten ermordeten Menschen.

In Grafeneck auf der Schwäbischen Alb begann im Januar 1940 der systematische und planmäßige Mord an Menschen mit Behinderung. Auch 395 Menschen mit Behinderung aus der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Stetten wurden in den „Grauen Bussen“ dorthin deportiert und gleich nach ihrer Ankunft in der Gaskammer umgebracht. Die Anstalt Stetten selbst wurde beschlagnahmt und geschlossen.

Im Rahmen der 175-jährigen Geschichte der Diakonie Stetten und des diesjährigen Jubiläumsjahres fand am vergangenen Samstag, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, eine Gedenkfeier mit Gästen in der Gedenkstätte Grafeneck statt. „Es ist schön, dass Sie als Diakonie Stetten in Ihrem Jubiläumsjahr das traurige Kapitel Euthanasie nicht ausblenden, sondern gleich zu Beginn aufgreifen“, begrüßte Markus Mörike, Regionalleiter bei der Samariterstiftung die Gäste im Verwaltungsgebäude in Grafeneck. „Das Thema ist gerade in diesen Tagen wieder sehr präsent und es ist wichtig, dass wir als Diakonie bei diesen Demonstrationen vertreten sind“. Thomas Stöckle, Leiter der Gedenkstätte Grafeneck gab anschließend einen Einblick in die Gründung der Gedenkstätte und deren Arbeit: „Die Gedenkstätte wurde 1996 von Bundespräsident Roman Herzog gegründet und inzwischen haben wir hier über 400 Besuchergruppen im Jahr. Wir arbeiten mit vielen Initiativen zusammen, wie z. B. der Stolpersteininitiative“. Es hätte in jeder Stadt politisch Verfolgte, jüdische Opfer und Opfer der sogenannten Euthanasie gegeben. „Die Opfergruppe der Menschen mit Behinderungen trat erst sehr spät ins Bewusstsein“, sagte Thomas Stöckle. 

„Wir können die 175-jährige Geschichte der Diakonie Stetten nicht feiern, ohne auch an die dunkelste Zeit für die Menschen zu erinnern, die 1940 in Stetten lebten und in Grafeneck umgebracht wurden“, sagte Pfarrer Rainer Hinzen, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Stetten. Diese Ereignisse gehörten zur Geschichte der Diakonie Stetten und ließen sich nicht ungeschehen machen. Was geschehen war, dürfe nicht verdrängt werden, damit sich die Missachtung der Würde von Menschen mit Behinderungen niemals wiederhole. „Die Diakonie Stetten hat sich immer wieder mit dieser Geschichte auseinandergesetzt, die eben auch eine Geschichte von Schuld und Scham ist“, betonte Pfarrer Rainer Hinzen. So dürfe die Aufarbeitung der Ereignisse niemals als beendet deklariert werden und die Beschäftigung mit der Geschichte sei eine Basis dafür daraus zu lernen.

Anschließend legten die beiden Vorstände der Diakonie Stetten Pfarrer Rainer Hinzen und Dietmar Prexl einen Gedenkstein der Diakonie Stetten im Regal vor dem Dokumentationszentrum nieder und besuchten mit den anwesenden Gästen das Dokumentationszentrum sowie die Gedenkstätte. Auch Iris Linge und Simon Brög, Bewohnerin und Bewohner der Diakonie Stetten, nahmen an der Gedenkfeier teil. Beide interessieren sich seit einigen Jahren für die Euthanasie-Verbrechen und die Geschichte des Zweiten Weltkrieges und klären selbst darüber auf. „Dieses Foto von den Grauen Bussen wurde heimlich vom Verwaltungsgebäude in Stetten aufgenommen“, erklärte Iris Linge beim Rundgang durch das Dokumentationszentrum, in dem auch ein Bild der „Grauen Busse“, die 1940 die Menschen aus Stetten abholten, übergroß abgebildet ist. „Etwa die Hälfte der Bewohner der Anstalt Stetten wurden damals umgebracht. Es ist sehr wichtig, dass wir über die Geschichte reden und an die ermordeten Menschen erinnern“, so Iris Linge. 

Information:

Am 30. Januar findet um 17 Uhr die Eröffnung der Ausstellung „NS-Euthanasie“ in der Ludwig Schlaich Akademie in Waiblingen statt. Die Ausstellung ist für alle Interessierten geöffnet und kann noch bis Anfang März zu den regulären Öffnungszeiten der Ludwig Schlaich Akademie besucht werden.
 

Impressionen vom Gedenktag:

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